Articulate Rise – Ihre Autorensoftware für Full Responsives Authoring?

Articulate stellt mit Rise ein neues webbasiertes Autorentool für responsive E-Learning-Module vor. Die Anwendung ordnet Elemente wie Texte, Bilder und Interaktionen selbstständig so an, dass für jede Bildschirmgröße ein optimales Nutzererlebnis garantiert wird. Diese Flexibilität hat einen Preis.

Full Responsive Authoring

In Hinblick auf die steigende Nutzung von mobilen Geräten bieten die meisten Autorentools auf dem Markt bereits seit einigen Versionen ein skalierbares HTML5-Format an. Das mag für Tablets mit großer Bildschirmdiagonale eine gute Lösung sein. Allerdings reicht dieses Veröffentlichungsformat für echtes mobiles Lernen auf Smartphones nicht aus, weil Objekte dabei oft so klein skaliert werden, dass sie nicht mehr lesbar bzw. nicht mehr komfortabel bedienbar sind. Seitenbasierte E-Learnings, die nur groß und klein skaliert werden, kommen im Kontext von „Mobile Learning“ an ihre Grenzen.

Für Smartphones wirklich geeignete Module müssen stattdessen full responsive sein. Das bedeutet, dass Elemente je nach Bildschirmgröße dynamisch anders platziert, anders dargestellt oder ganz weggelassen werden. Ein typisches Beispiel wäre eine Anordnung von Bild und Text untereinander statt nebeneinander oder die Nutzung von unterschiedlichen Bildausschnitten je nach Bildschirmgröße. Ebenfalls sollten für Mobilgeräte in der Regel immer auch Hoch- und Querformat unterstützt werden (Landscape / Portrait).

Der Nutzer blättert dann nicht mehr Seite für Seite durch das Training, sondern bewegt (bzw. scrollt) sich ähnlich wie auf Webseiten durch eine visuell ansprechendes und intuitiv zu bedienendes Programm. So ersetzt das Scrollen nach unten und flexible Verlinkungen zwischen Themen sehr weitgehend den Weiter-Button. Dadurch findet die visuelle Nutzerführung aus dem Webdesign jetzt auch Einzug in den Bereich E-Learning.

 

 

In der Webprogrammierung und bei der Nutzung anderer Autorentools bedeutet die Realisierung solcher Responsive-Fähigkeiten (z.B. Fluid Boxes in Adobe Captivate 2017) die Arbeit mit Wireframes und Breakpoints. Hier ist es also erforderlich, den optimalen Seitenaufbau für jede Bildschirmgröße spezifisch zu definieren. Dies macht den Produktionsprozess sehr viel aufwändiger.

Das Besondere an Articulate Rise ist dagegen, dass sich die Darstellung der Elemente ohne individuelle Programmierung automatisch der Bildschirmgröße anpasst. Das ist optimal für Unternehmen mit einer „Bring Your Own Device (BYOD)“-Strategie. Denn diese Strategie führt zu einer extrem heterogenen und damit komplexen Gerätelandschaft in Bezug auf Bildschirmgröße und Betriebssysteme, für die es sehr schwierig ist, zuverlässig funktionierende E-Learning Module zu programmieren – zumal viele Hersteller eigene Herstelleraufsätze für Android entwickeln, statt die ursprüngliche Version von Google (Stock-Android) zu nutzen. Rise nimmt dem Produzenten diesen Programmieraufwand für mobile Geräte ab und unterstützt die neusten Versionen der gängigen mobilen Browser, sodass die Nutzer das Ergebnis auf Ihren privaten Mobilgeräten in jeder erdenklichen Größe sehr zuverlässig verwenden können.

Schlanke Produktionsprozesse

Um diese Flexibilität und maximale Kompatibilität bei gleichzeitig optisch ansprechendem Layout zu erreichen, zwingt Rise den Autor zur Nutzung von Vorlagen. Elemente werden aus einer vorgegebenen Liste ausgewählt und untereinander auf einer Seite hinzugefügt. Sie können danach aber vom Autor sehr intuitiv mit Inhalten befüllt und zum Teil auch angepasst werden. Neben Bildern und Texten können Multimedia-Objekte wie Bildergalerien, Audios und Videos entweder als externe Quelle eingebunden oder in das Modul hochgeladen und eingebettet werden.

 

 

Die Interaktionsformen orientieren sich an den modernen Nutzungsgewohnheiten im Web. Es können Akkordeons, Tabs, Bilder mit anklickbaren Bereichen (Hotspots) und ähnliches zum Einsatz kommen. Zusätzlich gibt es Lernkarten (sogenannte Flashcards) und textbasierte Drag&Drop Interaktionen. Bei den Tests kann der Nutzer wählen zwischen Single oder Multiple Choice, Lückentexten (fill in the blank) und Matching Fragen. All diese Interaktionstypen lassen sich im Hinblick auf Darstellung und SCORM-Auswertung in Rise gut konfigurieren. Ein besonderes Highlight ist die für den Autor jederzeit verfügbare Vorschau des Projekts, in der die spätere Nutzeransicht des Projekts für alle möglichen Bildschirmtypen im Hoch- oder Querformat mit einem einfachen Klick simuliert werden kann.

 

 

Die Module können im Format SCORM 1.2, SCORM 1.3/2004, TinCan, AICC oder auch als reine Webversionen exportiert werden. Da Rise nur browserbasiert in der Cloud genutzt werden kann, ist zum Produzieren eine durchgängige Internet-Verbindung notwendig. Auf seiner „What’s New, What’s Next“ Webseite gibt Articulate recht transparent Einblick in die Entwicklung von Articulate 360 und hat seit der Veröffentlichung von Rise schon zahlreiche Features in das Tool hinzugefügt.

Storyline-Integration enttäuschend

Rise-Autoren haben die Möglichkeit, Interaktionen oder andere Slides aus Storyline einzufügen. Diese Integrationsmöglichkeit lässt jedoch noch einige Wünsche offen. Die eingebetteten Slides werden immer im mobilen Storyline-Player geöffnet, d.h. auf dem Tablet und auf dem Smartphone sieht man den jeweiligen mobilen Player als schwarzen Rahmen um den Inhalt. Dies wird auch auf der offiziellen Website so beschrieben. Grund hierfür sind limitierte Ressourcen auf mobilen Geräten: Genau wie eingebettete YouTube Videos erst nach dem Klick des Benutzers geladen und abgespielt werden, muss eben auch eine eingebettete Storyline Animation per Klick vom Lerner gestartet werden.

 

 

Mut zur Lücke in der Produktion

Kompliziert wird es, sobald man die Module abseits von Rise-Standards stärker individualisieren möchte. Zusätzlich zu den vorgegebenen Grautönen kann zum Beispiel nur genau eine Aktzentfarbe pro Kurs definiert werden. Auch die Berücksichtigung von komplexen Lernpfaden in der SCORM Wertung ist nur begrenzt möglich. Und externer Code kann ebenfalls nicht direkt im Autorentool eingebettet werden.

In einigen Punkten muss man sich auch von gewohnten Denkmustern aus der Welt des klassischen Web Based Trainings verabschieden. Das liegt in erster Linie an der Rise-Devise „mobile first“, für die manche gut etablierten E-Learning-Features, wie komplexe Navigationsbalken unter dem Inhalt oder ein durchgängigen Sprecher aus dem Off schlicht nicht geeignet sind. Die erfolgreiche Nutzung von Rise gelingt also nur, wenn dem schönen full-responsive Design ein mindestens genauso innovatives  didaktisches Konzept zugrunde liegt. Nur so werden Sie Ihrem Anspruch an erfolgreiche Wissensvermittlung auch weiterhin in einer mobilen Lernumgebung gerecht.

Fazit

Fazit: Rise hilft nicht nur, schnell E-Learning Kurse entstehen zu lassen, sondern lässt sie auch auf den meisten verfügbaren Endgeräten gut aussehen – mit wenig Abstrichen in der Darstellung oder Usability. Wenn Sie es nutzen möchten, müssen Sie aber bereit sein, auf einige Freiheiten in der Produktion zu verzichten. Rise nimmt Ihnen also zu einem großen Teil das Nachdenken über technische Fragen ab. Notwendig ist aber umso mehr das Nachdenken über gute und passende Vermittlungskonzepte. Ein schönes Interface führt eben immer noch nicht zwingend zum gewünschten Lernerfolg, selbst wenn Sie mit Rise Smartphone-taugliche Interaktionen für Ihre Lerner sehr leicht erstellen können. Erfolgreich ist nur, wer seinen Lernern ein didaktisches Vermittlungskonzept anbietet, mit dem sie gerne und erfolgreich auf dem Smartphone lernen.

 

Demo-Bild: Mark Fisher, CC BY-SA 2.0, https://www.flickr.com/photos/fischerfotos/7439780504/in/photostream/; Texte: https://de.wikipedia.org/wiki/Uhrmacher; Erstellung in Rise

 

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